ZEIT ONLINE: 2006 Deutschland - Lange hielt sich der Mythos, Deutschland habe die WM Franz Beckenbauers Golfschlägerdiplomatie zu verdanken. Wer die Fifa kennt, hat das nie geglaubt. Die Faxe und die Kuckucksuhren von Martin Sonneborn gaben wohl auch nicht den Ausschlag. Vor der Wahl im Juli 2000 lag Südafrika lange vorne. Doch in letzter Minute schwenkten einige Wähler vor allem aus Asien um. Charles Dempsey aus Neuseeland stimmte erst gar nicht ab, obwohl er für Südafrika stimmen wollte und sollte. Deutschland gewann 12:11, bei Gleichstand hätte der Präsident Blatter wohl für Südafrika entschieden. Sein Geheimnis, warum er kurz vor der Abstimmung das Zimmer verließ, nahm Dempsey mit ins Grab.
Kurz zuvor war eine Deutschland AG aus Politik und Wirtschaft tätig geworden, vor allem in Gegenden, in denen Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees lebten. Daimler investierte Hunderte Millionen Euro in Hyundai, ein Sohn des Hyundai-Gründers saß im Exekutivkomitee der Fifa. Volkswagen und die Bayer AG versprachen hohe Investitionen in Thailand und Südkorea. Die Regierung von Gerhard Schröder beschloss eine Woche vor der WM-Vergabe die Lieferung von Panzerfäusten an Saudi-Arabien. Deutschland habe "kurzfristig das Waffenembargo aufgehoben", sagte Guido Tognoni, damals Fifa-Mitarbeiter, später. Der inzwischen verstorbene Medienunternehmer Leo Kirch kaufte für Millionen Mark wertlose TV-Rechte an Freundschaftsspielen von Bayern München. Beckenbauer war damals Präsident des Vereins. Eine Firma Kirchs überwies dem Thailänder Fifa-Mitglied Morawi Makudi, einen hohen Betrag. Makudi wählte Deutschland. Als er auf einer Pressekonferenz der Frauen-WM 2011 in Berlin darauf angesprochen wurde, brach Blatter selbst die Veranstaltung ab.
Juristisch war das Vorgehen Deutschlands möglicherweise legal, dennoch entsprach es nicht gerade dem, was man unter Sportsgeist versteht. Das alles ist seit mehr als zehn Jahren bekannt. Die deutsche Öffentlichkeit erinnert sich lieber an das Sommermärchen. Korruption gilt als Problem der anderen, zum Beispiel Trinidad oder Vanuatu. Dabei liegen die Wurzeln der modernen Sportkorruption in Herzogenaurach.
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